Die (zerstrittene) Miterbengemeinschaft als GmbH-Gesellschafter

Die u.a. für den Fall der Berechtigung einer Miterbengemeinschaft an einem Gesellschaftsanteil anwendbare Vorschrift des § 18 Abs. 1 GmbHG soll nur verhindern, dass die Anteilsrechte von den einzelnen Mitberechtigten unterschiedlich ausgeübt werden. Dazu kommt es nicht, wenn nur einer oder ein Teil der Miterben das Recht mit Wirkung für alle ausübt. Die gemeinschaftliche Rechtsausübung kann insbesondere dadurch erfolgen, dass die Mitberechtigten einen gemeinsamen Vertreter bestellen.

Die Mehrheit der Miterben kann, hat sie abgedeckt durch §§ 2038 Abs. 2, 745 BGB eine ordnungsgemäße Maßnahme zur Verwaltung des Nachlasses – zumindest, soweit sie nicht Verfügung ist – beschlossen, die Maßnahme auch ohne die Mitwirkung der überstimmten Miterben mit Wirkung für und gegen die Erbengemeinschaft ausführen. § 18 Abs. 1 GmbHG steht einer solchen Ausführung nicht entgegen.

Die Abberufung des Geschäftsführers einer Gesellschaft, deren Anteile sich noch im ungeteilten Nachlass befinden, kann eine Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses darstellen.

Eine solche Mehrheitsentscheidung ist nicht etwa bereits unabhängig davon, ob sie als Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses nach den einschlägigen erbrechtlichen Vorschriften der §§ 2038 Abs. 2, 745 BGB zulässig war, wegen eines Verstoßes gegen § 18 Abs. 1 GmbHG unzulässig, der angegriffene Beschluss ist folglich nicht schon im Hinblick darauf anfechtbar oder gar nichtig.

Die allerdings u.a. für den Fall der Berechtigung einer Miterbengemeinschaft an einem Gesellschaftsanteil anwendbare1 und damit auch im Streitfall grundsätzlich einschlägige Vorschrift des § 18 Abs. 1 GmbHG soll – wie in der Rechtsprechung, der das Oberlandesgericht folgt und die auch in der Literatur2 überwiegend Billigung findet, seit langem geklärt ist3 – nur verhindern, dass die Anteilsrechte von den einzelnen Mitberechtigten unterschiedlich ausgeübt werden. Dazu kommt es nicht, wenn nur einer oder ein Teil der Miterben das Recht mit Wirkung für alle ausübt4. Die gemeinschaftliche Rechtsausübung kann insbesondere dadurch erfolgen, dass die Mitberechtigten einen gemeinsamen Vertreter bestellen5. So lag es hier.

Es ist in der Rechtsprechung, von der abzuweichen das Oberlandesgericht Stuttgart auch diesbezüglich keinen Anlass sieht, ferner seit langem geklärt, dass die Mehrheit der Miterben, hat sie abgedeckt durch §§ 2038 Abs. 2, 745 BGB eine ordnungsgemäße Maßnahme zur Verwaltung des Nachlasses – zumindest, soweit sie nicht Verfügung ist – beschlossen, die Maßnahme auch ohne die Mitwirkung der überstimmten Miterben mit Wirkung für und gegen die Erbengemeinschaft ausführen kann6. § 18 Abs. 1 GmbHG steht einer solchen Ausführung – was die Berufung aber wohl auch nicht in Abrede stellt – ebenfalls nicht entgegen.

Das Oberlandesgericht Stuttgart folgt auch nicht der Auffassung, bei der Abberufung des Geschäftsführers einer Gesellschaft, deren Anteile sich noch im ungeteilten Nachlass befinden, handle es sich grundsätzlich nicht um eine Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung, sondern um eine außerordentliche Verwaltungsmaßnahme, die einen einstimmigen Beschluss aller Miterben erfordere. Dass das Gegenteil der Fall ist, hat insbesondere das Thüringer OLG7 eingehend und überzeugend begründet, worauf sich sowohl das Landgericht als auch die Beklagte u.a. in ihrer Berufungserwiderung bezogen haben. Das Oberlandesgericht folgt dieser Sicht; die Berufung vermag nichts aufzuzeigen, was ihr entgegenstehen könnte.

Aus den hier vorliegenden besonderen Umständen des Falles ergibt sich entgegen der Sicht der Berufung nichts anderes, und zwar weder im Hinblick darauf, dass der Kläger hier als einer von zwei Geschäftsführern abberufen wurde, und auch nicht im Hinblick darauf, dass der Erblasser in der letztwilligen Verfügung vom 14.01.2010 den Willen bekundete, der Kläger solle Geschäftsführer der Beklagten sein. Letzterem Umstand kann zwar Bedeutung zukommen, soweit der Erblasser seinen Willen in einer Form zur rechtlichen Geltung gebracht hat, die eine gegenwärtige Bindung der Erben bewirkt; jedoch ist selbst dies – noch ist es gar der Umstand, dass ein solcher Erblasserwille vorliegt – nicht geeignet, die Abberufung entgegen diesem Willen dem Bereich ordnungsgemäßer Verwaltung im Sinn von §§ 2038 Abs. 2, 745 BGB zu entziehen. Erst recht gilt dies für die hier vorliegende Konstellation einer Abberufung eines von zwei Geschäftsführern.

Es liegt im hier entschiedenen Streitfall schließlich auch nicht deshalb anders, weil hier ein tief greifendes Zerwürfnis einzelner Miterben untereinander vorliegt. Wenn der (hier: als Geschäftsführer abberfufene ) Miterbe dies unter Verweis darauf in Abrede stellt, dass es sich bei seiner Abberufung um eine ordnungsgemäße Verwaltungsmaßnahme handelt, ist dementsprechend auch das nicht berechtigt.

Die Ordnungsmäßigkeit einer Maßnahme – zur Nachlassverwaltung gehören alle Maßregeln zur Verwahrung, Sicherung, Erhaltung und Vermehrung sowie zur Gewinnung der Nutzung und Bestreitung der laufenden Verbindlichkeiten – ist aus objektiver Sicht zu beurteilen; entscheidend ist der Standpunkt eines vernünftig und wirtschaftlich denkenden Beurteilers8. Ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen alle Maßnahmen, die nach den individuellen Gegebenheiten im Zeitpunkt der Beschlussfassung vernünftig erscheinen; eine allgemeine Zweckmäßigkeits- oder Inhaltskontrolle, bei der die Minderheit oder das Gericht die Auffassung der Mehrheit ersetzen könnte, findet indes nicht statt9, wenn auch die berechtigten Interessen der Minderheit nicht übergangen werden dürfen10. Es besteht jedoch ein Ermessensspielraum für die Mehrheit, auch ist ein Beschluss nicht schon dann nicht mehr ordnungsgemäß, wenn nicht die optimale, sondern eine weniger zweckmäßige Lösung beschlossen worden ist; die Voraussetzung ordnungsgemäßer Verwaltung verhilft nur in seltenen Ausnahmefällen zur Inhaltskontrolle11.

Ein solcher Ausnahmefall liegt im hier vom Oberlandesgericht Stuttgart entschiedenen Fall hier nicht vor: Die Abberufung des Miterben als Geschäftsführer war hier zumindest im Ausgangspunkt und nach den einschlägigen gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen gemäß § 38 Abs. 1 GmbHG jederzeit frei möglich, eine Beschränkung nach § 38 Abs. 2 Satz 1 GmbHG enthält der Gesellschaftsvertrag der Beklagten unstreitig nicht. Allein schon der ebenfalls unstreitige Umstand, dass zwischen dem Kläger und dem (weiteren) Geschäftsführer der Beklagten schwer wiegende Streitigkeiten ausgetragen werden, lässt die Abberufung des Klägers zumindest nicht in einem Maße sachwidrig erscheinen, dass hier auch nur entfernt der Bereich betroffen wäre, in dem die Abberufung nach den dargestellten Grundsätzen nicht mehr als Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung einzustufen wäre, zumal im Gegenteil ein wichtiger Grund für die Abberufung des Klägers gegeben war. An diesem Ergebnis änderte sich selbst dann nichts, wenn die Mehrheit bei der Entscheidung für die Abberufung des Klägers erbrechtlichen Vorgaben ausgesetzt gewesen wäre und diese verletzt hätte. Ein solcher Verstoß zeitigte – was separat zu prüfen wäre – ggf. eigenständige, von der Frage der mit der Einstufung in den Bereich ordnungsgemäßer Verwaltung verbundenen Wirkungen abgesetzte Rechtsfolgen, führte aber nicht zur Ausgrenzung der in Frage stehenden Maßnahme aus dem Bereich ordnungsgemäßer Verwaltung. Abgesehen davon liegt ein solcher Verstoß gegen erbrechtliche Vorgaben nicht vor.

Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 9. September 2014 – 14 U 9/14

  1. s. nur Thüringer OLG, GmbHR 2013, 149 – Tz. 51 []
  2. s. statt aller MünchKomm-GmbHG/Reichert/Weller, 1. Aufl., § 18 Rn. 57 ff. []
  3. s. nur etwa die Darstellung mit umfangreichen Nachweisen bei OLG Karlsruhe, GmbHR 2014, 254 – Tz. 15 f.; s. ferner etwa Thüringer OLG, NZG 2012, 782 – Tz. 40; Thüringer OLG, GmbHR 2013, 149 – Tz. 53 []
  4. BGHZ 108, 21 – Tz. 28 []
  5. s. etwa BGHZ 49, 183, 191 []
  6. so bereits BGHZ 56, 47 – Tz. 17 ff.; s. aus neuerer Zeit nur etwa KG, FamRZ 2011, 1254 – Tz. 43 []
  7. ThürOLG, GmbHR 2013, 149 – Tz. 49, 53 []
  8. s. etwa BGHZ 183, 140 – Tz. 33 []
  9. vgl. MünchKomm-BGB/K. Schmidt, 6. Aufl., §§ 744, 745 Rn. 22; auch Staudinger/Langhein, BGB, Neubearbeitung 2008, § 745 Rn. 5 []
  10. vgl. Staudinger/Langhein, BGB, Neubearbeitung 2008, § 745 Rn. 5 []
  11. vgl. MünchKomm-BGB/K. Schmidt, 6. Aufl., §§ 744, 745 Rn. 28; vgl. auch Staudinger/Langhein, BGB, Neubearbeitung 2008, § 745 Rn. 5 []