Die fehlerhafte GmbH-Gesellschafterliste

Der Geschäftsführer ist zu einer Korrektur einer unrichtigen, vom Notar nach § 40 Abs. 2 Satz 1 GmbHG eingereichten Gesellschafterliste befugt.

Der Geschäftsführer muss dem Betroffenen vor der Einreichung einer korrigierten Gesellschafterliste Gelegenheit zur Stellungnahme geben. Wenn der Betroffene der Korrektur widerspricht, ändert das nichts an der Berechtigung des Geschäftsführers, bei Fehlern für eine Berichtigung der Gesellschafterliste zu sorgen, solange nicht der Betroffene im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erreicht, dass dem Geschäftsführer die Einreichung einer geänderten Gesellschafterliste untersagt wird.

Die Gesellschaft ist nicht darauf verwiesen, die Löschung eines Scheingesellschafters durch Klage zu erzwingen, wenn der Notar nach § 40 Abs. 2 GmbHG eine veränderte Gesellschafterliste eingereicht hat.

Wie die Korrektur einer nach Auffassung der Gesellschaft unrichtigen Gesellschafterliste nach der Einreichung einer veränderten Gesellschafterliste durch den Notar erfolgen kann, ist gesetzlich nicht geregelt und umstritten. Schon die Zuständigkeit für die Korrektur ist streitig. Manche sehen nur den Notar als zu Änderungen befugt an1. Andere halten den Geschäftsführer durchaus für jedenfalls daneben2 oder in bestimmten Fällen (z.B. nur bei Mitwirkung des Geschäftsführers an einer Vinkulierungsfreigabe Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, 20. Aufl., § 40 Rn. 40)) oder ausschließlich dazu befugt3. Auch wie ggf. der Geschäftsführer eine Korrektur umzusetzen hat, ist ungeklärt. Einige meinen, es sei das Verfahren nach § 67 Abs. 5 AktG mit einer Benachrichtigung des Betroffenen und Aufforderung zur Stellungnahme zu einer beabsichtigten Listenänderung anzuwenden. Wenn der Betroffene Widerspruch einlegt, soll eine Korrektur verwehrt sein und die Beteiligten oder die GmbH den Betroffenen auf Rücknahme des Widerspruchs oder Zustimmung zur Änderung der Liste verklagen müssen4. Andere verlangen eine erfolgreiche Klage gegen den Betroffenen auf Zustimmung zur Korrektur5. Teilweise wird nur gefordert, dass dem Betroffenen vor der Einreichung einer geänderten Liste die Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt wird6.

Der Geschäftsführer ist zu einer Korrektur einer unrichtigen; vom Notar nach § 40 Abs. 2 Satz 1 GmbHG eingereichten Gesellschafterliste befugt. § 40 Abs. 2 Satz 1 GmbHG setzt den Notar hinsichtlich der Einreichung der Liste an die Stelle des grundsätzlich nach § 40 Abs. 1 GmbHG zuständigen Geschäftsführers, regelt aber nicht auch die Korrektur. Dass der Notar eine Abschrift der geänderten Liste an die Gesellschaft zu übermitteln hat, hat den Zweck, eine Überprüfung durch die vom Geschäftsführer vertretene Gesellschaft und damit eine Korrektur zu ermöglichen. Wenn die Korrektur wieder über den Notar veranlasst werden müsste, der die unrichtige Liste eingereicht hat, läge darin ein unnötiger und zeitraubender Umweg, zumal die Gesellschaft einen dazu unwilligen Notar nicht leicht zur Einreichung einer korrigierten Liste zwingen kann.

Dass der Geschäftsführer zur Korrektur befugt sein soll, entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, der von einer entsprechenden Befugnis ausgegangen ist. In der Begründung des Regierungsentwurfs heißt es dazu7: „§ 40 enthält keine ausdrückliche Regelung für den Fall, dass ein Geschäftsführer eine Änderung der Liste vornehmen möchte, weil er der Ansicht ist, eine Eintragung sei zu Unrecht erfolgt. Bereits aus den allgemeinen Sorgfaltspflichten der Geschäftsführer folgt, dass in diesem Fall wie in § 67 Abs. 5 AktG für das Aktienregister ausdrücklich ausformuliert den Betroffenen vor Veranlassung der Berichtigung die Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben ist“. Gegen eine Korrekturzuständigkeit des Geschäftsführers spricht auch nicht, dass aufgrund der Zuständigkeit des Notars zur Einreichung „anstelle der Geschäftsführer“ die Verpflichtung der Geschäftsführer zur Erstellung und Einreichung einer Liste, die diese Veränderung umsetzt, entfallen, aber die Verpflichtung der Geschäftsführer zur nachfolgenden Kontrolle und zur Korrektur einer „aus anderen Gründen“ unrichtigen Liste unberührt bleiben sollte8. Damit ist die Verpflichtung der Geschäftsführer zu Kontrolle und Korrektur angesprochen, nicht aber ihre Berechtigung zur Korrektur. Dass nach § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG die Geschäftsführer unverzüglich nach Wirksamkeit einer Veränderung eine Gesellschafterliste einzureichen haben, kann vor diesem Hintergrund nicht dahin verstanden werden, dass sie nur in Fällen einer Veränderung und nicht auch zur Korrektur tätig werden dürfen.

Dass mit der Einreichung der Liste durch den Notar eine höhere Richtigkeitsgewähr der Gesellschafterliste einhergehen kann, spricht ebenfalls nicht für eine ausschließliche Korrekturzuständigkeit des Notars. Die verstärkte Einbeziehung des Notars in die Aktualisierung der Gesellschafterliste wird in den Gesetzesmaterialien nicht mit einer höheren Richtigkeitsgewähr bei Beteiligung eines Notars, sondern mit verfahrensökonomischen Erwägungen begründet. Dadurch, dass der an einer Abtretung eines Geschäftsanteils mitwirkende Notar zugleich dafür Sorge trage, dass die Einreichung einer neuen Liste vollzogen werde, werde das Verfahren besonders einfach und unbürokratisch. Eine Erhöhung der Richtigkeitsgewähr sehen die Gesetzesmaterialien in der nach § 40 Abs. 2 Satz 2 GmbHG vorgesehenen Bescheinigung des Notars und seiner Mitwirkung an der Veränderung9, also nicht in der Mitwirkung an der Listenführung. Dass die Verpflichtung des Notars in § 40 Abs. 2 Satz 1 GmbHG zur Einreichung einer geänderten Gesellschafterliste tatsächlich die Zuverlässigkeit der Gesellschafterliste im Fall von Veränderungen erhöhen kann, spricht danach nicht für eine Verdrängung der Korrekturzuständigkeit des Geschäftsführers. Ein Anlass für den Geschäftsführer, eine korrigierte Gesellschafterliste einzureichen, besteht nur, wenn er die veränderte Gesellschafterliste für unrichtig hält. Dann besteht in der Regel Streit um den Gesellschafterstand. Die Zuverlässigkeit der Listenführung ist davon nicht betroffen, und zur Streitentscheidung sollte der Notar nicht berufen werden.

Der Geschäftsführer muss dem Betroffenen vor der Einreichung einer korrigierten Gesellschafterliste Gelegenheit zur Stellungnahme geben. Wenn der Betroffene der Korrektur widerspricht, ändert das nichts an der Berechtigung des Geschäftsführers, bei Fehlern für eine Berichtigung der Gesellschafterliste zu sorgen, solange nicht der Betroffene im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erreicht, dass dem Geschäftsführer die Einreichung einer geänderten Gesellschaferliste untersagt wird.

Das Gesetz regelt das Verfahren zur Korrektur einer unrichtigen; vom Notar eingereichten Gesellschafterliste nicht, obwohl der Gesetzgeber die Regelungslücke erkannt hat. Insbesondere fehlt eine § 67 Abs. 5 Satz 2 AktG entsprechende Vorschrift, dass bei einem Widerspruch des Betroffenen die Korrektur zu unterbleiben hat. Dass bei einem Widerspruch die Korrektur unterbleiben soll, ergibt sich auch nicht aus der Entstehungsgeschichte der Neuregelung. § 67 Abs. 5 AktG wird im Regierungsentwurf nur in dem Zusammenhang erwähnt, dass der Betroffene eine Möglichkeit zur Stellungnahme erhalten soll10.

Für eine Analogie, auch zu dem in § 67 Abs. 5 AktG nicht geregelten weiteren Verfahren, das nach allgemeiner Meinung so abläuft, dass nach Widerspruch auf Rücknahme des Widerspruchs zu klagen ist11, fehlt es an der Vergleichbarkeit der Löschung eines zu Unrecht eingetragenen Aktionärs mit der fehlerhaften vom Notar eingereichten Gesellschafterliste. Bei der Aktiengesellschaft kann bereits die Eintragung ins Aktienregister vom Vorstand kontrolliert werden (§ 67 Abs. 3 AktG), so dass sich die Korrektur regelmäßig auf nachträglich als fehlerhaft erkannte Übertragungsvorgänge beschränkt. Dagegen ist die Geschäftsführung bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung an der Einreichung der Gesellschafterliste nicht beteiligt und der Korrekturbedarf entsteht vornehmlich bei anfänglich als unrichtig erkannten Übertragungsvorgängen. Zwar besteht eine erhöhte Richtigkeitsgewähr für eine korrekte Beurteilung des Übertragungsvorgangs durch die Einschaltung des Notars. Dass mit der Einreichungspflicht des Notars eine erhöhte Richtigkeitsgewähr einhergeht, verhindert aber nicht, dass er von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht oder ihm sogar bewusst ein solcher unterbreitet wird. Die Kontrolle durch die Gesellschaft ist zeitlich nachgelagert. Gerade in Fällen, in denen die Übertragung von Geschäftsanteilen vinkuliert ist und/oder Vorkaufsrechte bestehen, um das Eindringen unerwünschter Gesellschafter zu verhindern, könnte das bei einem Klageerfordernis der Gesellschaft zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Gesellschaft führen, weil unter Umständen für lange Zeit einem unerwünschten Scheingesellschafter Gesellschafterrechte einzuräumen wären (§ 16 Abs. 1 GmbHG).

Dahinter treten die Nachteile für den Betroffenen zurück. Gegen eine weitere Verfügung des erneut in der Gesellschafterliste eingetragenen Altgesellschafters über den Geschäftsanteil kann der Betroffene sich durch einen Widerspruch (§ 16 Abs. 3 Satz 3 bis 5 GmbHG) schützen. Da er vor der Einreichung einer geänderten Gesellschafterliste durch den Geschäftsführer angehört werden muss, kann er ggf. im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erreichen, dass dem Geschäftsführer die Einreichung der geänderten Gesellschafterliste vorläufig untersagt wird, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen, insbesondere neben dem wirksamen Erwerb des Geschäftsanteils ein Verfügungsgrund gegeben ist (§§ 935 ff. ZPO). Wo das Schutzbedürfnis des Betroffenen nicht so weit reicht, dass eine Untersagung der Einreichung einer korrigierten Gesellschafterliste in Betracht kommt, kann durch eine einstweilige Regelung der Ausübung der Gesellschafterrechte den beiderseitigen Interessen Rechnung getragen werden.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 17. Dezember 2013 – II ZR 21/1

  1. MünchKomm-GmbHG/Heidinger, § 40 Rn. 104; Herrler, GmbHR 2013, 617, 620 []
  2. Ulmer/Paefgen, GmbHG, Erg. Band MoMiG § 40 Rn. 78; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 40 Rn. 22 und 33; Wicke, GmbHG, 2. Aufl., § 40 Rn. 16; Preuß, ZGR 2008, 676, 681; wohl auch Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., § 40 Rn. 15 []
  3. Winter in Gehrlein/Ekkenga/Simon, GmbHG, § 40 Rn. 30; Liebscher/Goette, DStR 2010, 2038 []
  4. Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 40 Rn. 22; ders., Liber amicorum für M. Winter, 2011, S. 9, 38; Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., § 16 Rn. 46; Henssler/Strohn/Verse, 2. Aufl., § 16 GmbHG Rn. 39 []
  5. S. Brandes in Bork/Schäfer, GmbHG, 2. Aufl., § 16 Rn. 6 []
  6. Wicke, GmbHG, 2. Aufl., § 40 Rn. 16; Winter in Gehrlein/Ekkenga/Simon, GmbHG, § 40 Rn. 30; Liebscher/Goette, DStR 2010, 2038, 2042 []
  7. BT-Drs.-ache 16/6140 S. 44 []
  8. Regierungsentwurf BT-Drs.-ache 16/6140 S. 44 []
  9. Regierungsentwurf BT-Drs.-ache 16/6140 S. 44 []
  10. BT-Drs.-ache 16/6140 S. 44 []
  11. Hüffer, AktG, 10. Aufl., § 67 Rn. 25 []