Markenware oder doch nur „Markenqualität“?
Die Werbung mit der Bezeichnung „Markenqualität“ bringt – anders als die Bezeichnung „Markenware“ – nur zum Ausdruck, dass die angebotene Ware in qualitativer Hinsicht den Produkten konkurrierender Markenhersteller entspricht1.
Dagegen ist Werbung mit den Aussagen „Starke Marken günstig!“ und „Starke Marken günstig! aus eigener Herstellung“ irreführend, wenn der Werbende zwar eigene Ware, aber keine „Markenware“ vertreibt.
„Starke Marken günstig!“
Der Verkehr verbindet mit dem Begriff der „Markenware“ vor allem die Vorstellung, dass die Ware im Gegensatz zu einem ohne Herkunftshinweis vertriebenen Erzeugnis durch die Kennzeichnung mit einer Marke ihrer Herkunft nach legitimiert ist2. Bei Verwendung der auf markenmäßig gekennzeichnete Ware hinweisenden Aussagen „Starke Marken günstig!“ und „Starke Marken günstig! aus eigener Herstellung“ für in Wirklichkeit markenlose (anonyme) Ware wird daher mit einer Bezeichnung geworben, mit der der Verbraucher eine andere, günstigere Vorstellung verbindet, als dies tatsächlich der Fall ist. Das steht mit § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG nicht in Einklang. Die Revision zeigt keine Besonderheiten auf, die im Streitfall die Annahme eines abweichenden Verkehrsverständnisses rechtfertigen könnten.
Im vorliegenden Verfahren ist das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg in seinem Berufungsurteil3 von einem Begriff der „Markenware“ (im wettbewerbsrechtlichen Sinne) ausgegangen, wonach die mit einer Marke versehene Ware sich bereits „einen Namen gemacht“ haben, also im Verkehr bekannt und wegen ihrer gleichbleibenden oder verbesserten Qualität anerkannt sein müsse4. Ob nach wie vor von diesem Verständnis auszugehen ist oder ob der Verkehr den Begriff der Markenware mittlerweile weiter versteht und die an diesen Begriff geknüpften Qualitätserwartungen auch bei einem noch nicht eingeführten, im Verkehr noch unbekannten Produkt erfüllt sein können, kann nach Ansicht des Bundesgerichtshofs jedoch offenbleiben.
Denn mit den beanstandeten Aussagen „Starke Marken günstig!“ und „Starke Marken günstig! aus eigener Herstellung“ wird suggeriert, dass es sich nicht nur um mit einer Marke versehene Matratzen handelt. Vielmehr wird der Eindruck vermittelt, als handele es sich dabei um Produkte, denen aufgrund einer gesteigerten Bekanntheit eine herausgehobene Marktstellung zukomme5. Auf eine solche gesteigerte Bekanntheit konnte sich die Beklagte im vorliegenden Fall indessen nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts Hamburg nicht stützen. Der Hinweis, eine hinreichende Verkehrsbekanntheit für das Warensortiment der Beklagten ergebe sich daraus, dass sie dieses in mehr als 500 Filialen in Deutschland vertreibe, führt zu keiner anderen Beurteilung, da die Beklagte selbst nicht geltend macht, dass ihre Marken eine gesteigerte Bekanntheit erlangt hätten.
„Markenqualität zu niedrigen Preisen“
Mit der Verwendung des Begriffs „Markenqualität“ wird weder suggeriert, dass die angebotenen Waren (durchweg) mit Marken gekennzeichnet sind, noch, dass es sich dabei um im Verkehr bekannte und anerkannte Produkte handelt. Die Bezeichnung als „Markenware“ ist aus der Sicht des angesprochenen Verbrauchers nicht mit dem Begriff „Markenqualität“ identisch6. Mit der Bezeichnung „Markenqualität“ wird (lediglich) zum Ausdruck gebraucht, die angebotenen Waren entsprächen in qualitativer Hinsicht den Produkten konkurrierender (Marken-)Hersteller. Dass diese Aussage mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt, wurde im vorliegenden Fall nicht festgestellt.
Soweit der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung aus dem Jahre 1989 angenommen hat, es sei mit § 1 UWG aF nicht zu vereinbaren, für eine Ware, die nicht mit einer Marke gekennzeichnet sei, mit der auf den Begriff der „Markenware“ hindeutenden Bezeichnung „Markenqualität“ zu werben, auch wenn die Ware aus der Produktion von Markenartikeln stamme oder solchen Artikeln qualitativ gleichwertig sei7, ist daran nicht mehr festzuhalten8. Schon im Blick auf die – in den Grenzen des § 6 Abs. 2 UWG – weitgehende Zulässigkeit vergleichender Werbung ist es einem Hersteller markenloser (anonymer) oder im Verkehr (noch) unbekannter Ware nicht verwehrt, die qualitative Vergleichbarkeit seiner Produkte werbend mit der sogenannten Markenware darzustellen, auch wenn er sich damit an den guten Ruf und die Werbekraft der Markenprodukte anlehnt9.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 24. September 2013 – I ZR 89/12
- Aufgabe von BGH, Urteil vom 29.06.1989 – I ZR 88/87, GRUR 1989, 754 = Markenqualität [↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 29.06.1989 – I ZR 88/87, GRUR 1989, 754, 755 f. = WRP 1989, 794 – Markenqualität; Urteil vom 13.07.2000 – I ZR 203/97, GRUR 2000, 1084, 1086 = WRP 2000, 1253 – Unternehmenskennzeichnung [↩]
- OLG Hamburg, Urteil vom 18.04.2012 – 5 U 189/10 [↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 15.01.1960 – I ZR 169/58 – Invertan; OLG Düsseldorf, GRUR 1978, 543 f.; OLG Karlsruhe, GRUR 1984, 744, 745; OLG Stuttgart, WRP 1984, 508, 509; Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 5 Rn.04.79; Großkomm-UWG/Lindacher aaO § 5 Rn. 430 [↩]
- vgl. – auf eine besondere Qualitätserwartung abstellend – OLG Düsseldorf, GRUR 1984, 887, 888; Großkomm-UWG/Lindacher aaO § 5 Rn. 431 [↩]
- ebenso Großkomm-UWG/Lindacher aaO § 5 Rn. 435 [↩]
- BGH, Urteil vom 29.06.1989 – I ZR 88/87, GRUR 1989, 754, 755 = WRP 1989, 794 – Markenqualität [↩]
- aA Sosnitza in Piper/Ohly/Sosnitza aaO § 5 Rn. 282; Weidert in Harte/Henning aaO § 5 Rn. C 57 [↩]
- ebenso Großkomm-UWG/Lindacher aaO § 5 Rn. 435, allerdings nur bezogen auf den Fall, dass die Ware aus der Produktion eines Markenartikels stammt [↩]