Die gerichtlich untersagte Verwendung eines Domainnamens – und der Weiterleitungslink

Wurde die Verwendung eines bestimmten Domainnamens für einen bestimmten werbenden Internetauftritt gerichtlich untersagt, so liegt kein Verstoß gegen diese Untersagungsverfügung vor, wenn der Internetauftritt unter diesem Domainnamen nur noch einen Hinweis auf die erzwungene Umbenennung und einen Link auf eine neue Internetseite enthält.

Ob das Verhalten eine Zuwiderhandlung darstellt, bestimmt sich nach der durch Auslegung zu ermittelnden Reichweite des Unterlassungstitels. Zur Auslegung der Urteilsformel können Tatbestand und Entscheidungsgründe, erforderlichenfalls auch Parteivorbringen, herangezogen werden1. Der Verbotsumfang ist nicht auf die im Urteil beschriebene sogenannte konkrete Verletzungsform begrenzt. Sofern der Titel das Charakteristische oder den „Kern“ der Verletzungsform zweifelsfrei zum Ausdruck bringt, werden auch abgewandelte, aber denselben Kern enthaltende Verletzungsformen erfasst2. Jedenfalls im Kern muss eine Identität bestehen. Eine im Charakteristischen nur ähnliche Handlungsform genügt nicht3. Eine weitergehende, durch eine Analogie erweiternde Titelauslegung ist schon auf Grund des strafähnlichen Charakters der Ordnungsmittel des § 890 ZPO4 unstatthaft5.

Im vorliegenden Fall ist dem Schuldner nach dem Tenor des landgerichtlichen Urteils zwar die Verwendung eines bestimmten Namens untersagt worden. Dieses Verbot gilt allerdings nicht schlechthin. Es ist schon nach dem Tenor des landgerichtlichen Urteils beschränkt auf eine Benutzung der Namen „für die Werbung für die Vermittlung von Hunden nach Deutschland und für Aufrufe zu Spenden für Hundeasyle“.

Die vorliegend streitgegenständliche Handlung des Schuldners – der Verweis bzw. die Verlinkung auf sein neues Internetangebot – erfüllt die Voraussetzungen des Verbots nicht.

Die im Tenor des landgerichtlichen Urteils – wenn auch abstrahierend – umschriebene Verletzungshandlung hat der Schuldner mit diesem Inhalt nicht wiederholt. Denn sein hier streitgegenständlicher Internetauftritt erfolgte zwar unter den untersagten Namen. Auf diesem Internetauftritt befand sich allerdings unmittelbar keine Werbung mehr für die Vermittlung von Hunden nach Deutschland oder für Aufrufe zu Spenden für Hundeasyle.

Der veränderte Internetauftritt des Schuldners wird auch nicht vom Kernbereich des landgerichtlichen Verbots umfasst.

Dieser Kern kann vorliegend zweifelsfrei nur dahin bestimmt werden, dass der Schuldner unter den genannten Namen nicht für eine Vermittlung von Hunden werben und zu Spenden aufrufen darf, weil er dadurch (durch das Zusammenwirken des Internetnamens mit dem Inhalt des dortigen Internetauftritts) eine Zuordnungsverwirrung im Verhältnis zur Gläubigerin auslöst.

Bei der hier streitgegenständlichen Verletzungshandlung mögen zwar durch die fortdauernde Verwendung des Internetnamens noch Fehlvorstellungen der Verbraucher bei Aufruf der Internetseite denkbar sein. Da dem Schuldner die Namensverwendung aber nicht schlechthin untersagt worden ist, muss eine Zuordnungsverwirrung auch durch den Inhalt der (jeweils aktuellen) Internetseite hervorgerufen werden.

Vorliegend mag der Inhalt zwar weiterhin – jedenfalls für die Verbraucher, denen die Tätigkeit des Schuldners bereits bekannt ist – auf eine Werbung für die Vermittlung von Hunden und einen suggestiven Spendenaufruf hindeuten und weitergehendes hierzu mag unter dem verlinkten Internetauftritt des Schuldners zu erfahren sein. Der Internetauftritt des Schuldners unter der streitbefangenen Domain enthält aber nunmehr zugleich einen eindeutigen Hinweis auf die Umbenennung des Schuldners. Damit wird eine etwaig vorhandene Fehlvorstellung der Verbraucher gerade ausgeschlossen und somit auch der Kernbereich des gerichtlichen Verbots verlassen.

Ob die hier streitgegenständliche Verletzungshandlung – trotz der Aufklärung und möglicherweise mangels eines ursprünglich bestehenden oder noch heute fortbestehenden Aufklärungsinteresse des Schuldners (über die Umbenennung und im Sinne eines Postnachsendeauftrages) – nach § 12 BGB durch ein weiteres gerichtliches Verbot untersagt werden kann, ist im vorliegenden Zwangsvollstreckungsverfahren nicht zu prüfen.

Kammergericht, Beschluss vom 26. Februar 2013 – 5 W 16/13

  1. BGHZ 34, 337, 339; NJW 1979, 720; BGHZ 98, 330 – Unternehmensberatungsgesellschaft I; GRUR 1989, 445 – Professorenbezeichnung in der Arztwerbung; GRUR 1992, 562 – Professorenbezeichnung in der Arztwerbung II; vgl. auch KG, NJWE – WettbR 2000, 197; Köhler in: Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 31. Aufl., § 12 UWG Rdn.06.4 []
  2. BGH, WRP 1989, 72, 574 – Bioäquivalenz-Werbung; Köhler a.a.O. []
  3. OLG Hamburg GRUR 1990, 637, 638; Köhler a.a.O. []
  4. BVerfG NJW 1981, 2457 []
  5. Art. 103 Abs. 2 GG; BGH a.a.O. – Bioäquivalenz-Werbung []