Der Gewinnverwendungsbeschluss der Hauptversammlung
Bei der Anfechtung eines Hauptversammlungsbeschlusses mit der Begründung, wegen unzureichender oder falscher Mitteilungen habe ein Stimmrechtsverlust bestanden, ist maßgeblich, ob bei richtiger Stimmenzählung ein anderes Ergebnis festzustellen gewesen wäre. Eine Anfechtung ist nur dann begründet, wenn die fehlerhafte Berücksichtigung von Stimmen Einfluss auf das Beschlussergebnis hatte1.
Die Hauptversammlung darf nicht beschließen, an welche Aktionäre der Ausschüttungsbetrag verteilt wird. Die Frage, auf welche Aktien Dividenden ausgeschüttet werden und auf welche nicht, unterliegt nicht der Disposition der Hauptversammlungsmehrheit (§ 58 Abs. 4, § 60 Abs. 1 und 3 AktG). Die Hauptversammlung entscheidet nur über den Gesamtbetrag der Ausschüttung (§ 174 Abs. 2 Nr. 2 AktG). Der auf die einzelne Aktie entfallende Betrag oder Sachwert ergibt sich aus dem Gesetz oder der Satzung2. Eine nachrichtliche Ausweisung des Einzelbetrages schadet nicht, ändert aber auch nicht den beschlossenen Gesamtausschüttungsbetrag. Die Aufschlüsselung in Euro pro Stück hat mangels einer Hauptversammlungskompetenz zur Abänderung der gesetzlichen oder satzungsmäßigen Verteilungsschlüssel nur rechnerische, rein deklaratorische Bedeutung3.
Die Hauptversammlung ist auch nicht in der Lage zu beschließen, für welche Aktien aufgrund unzureichender Stimmrechtsmitteilungen keine Dividende ausgeschüttet werden kann. Zwar soll nach Teilen der Literatur im Fall eines Dividendenausschlusses die auf die ausgeschlossenen Aktien entfallende Dividende unter die übrigen Aktionäre zu verteilen sein4. Die Möglichkeit, durch eine Nachholung der Stimmrechtsmitteilung den Dividendenanspruch zu erhalten, schließt es aber aus, die auf solche Aktien entfallende Dividende bereits im Zeitpunkt des Gewinnverwendungsbeschlusses auf die anderen Aktionäre zu verteilen und einen entsprechenden Gewinnverwendungsbeschluss zu fassen. Der Meldepflichtige hat gemäß § 28 Satz 2 WpHG bzw. § 59 Satz 2 WpÜG bei einem nicht vorsätzlichen Verstoß die Möglichkeit, die Meldung nachzuholen und dadurch den Dividendenanspruch rückwirkend voll wirksam werden zu lassen5. Dass ein vorsätzlicher Verstoß im Zeitpunkt der Hauptversammlung sicher feststeht, wird kaum vorkommen und ist im vorliegenden Fall jedenfalls auszuschließen.
Der Gewinnverwendungsbeschluss wurde vorliegend selbst dann mit Mehrheit gefasst, wenn sämtliche Stimmen aus den Aktien der in Rede stehenden Beteiligten als nicht wirksam abgegeben gelten würden.
Inhaltlich verstößt der Gewinnverwendungsbeschluss auch nicht wegen einer kompetenzwidrigen Gewinnverteilung durch die Hauptversammlung gegen Gesetz oder Satzung oder ist nichtig, weil er sich nicht auf die Bestimmung des an die Aktionäre auszuschüttenden Betrags beschränkt (§ 174 Abs. 2 Nr. 2 AktG), sondern darüber hinaus die Zahl der bezugsberechtigten Aktien und die auf die einzelne Aktie entfallende Dividende nennt. Zwar sollen Festsetzungen im Gewinnverwendungsbeschluss, die der Gewinnverteilungsregelung durch Satzung oder Gesetz entsprechen, trotz ihres rein deklaratorischen Charakters angefochten werden können, wenn Streit über die Gewinnverteilung entsteht6, oder wegen des Kompetenzverstoßes der Hauptversammlung nach § 241 Nr. 3 AktG nichtig sein7. Die in der Literatur empfohlene8 zusätzliche Aufschlüsselung des in der Hauptversammlung beschlossenen Gesamtbetrags der Ausschüttung in Zahl der Aktien und Dividende pro Aktie legt aber nicht eine bestimmte Gewinnverteilung fest, wie für einen verständigen Aktionär erkennbar ist und sich hier außerdem aus der Verwendung einer dritten Dezimale bei der Dividende für die Vorzugsaktien sowie der Darstellung als Teilschritt einer Rechnung ergibt, sondern dient allein der Information der Aktionäre.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29. April 2014 – II ZR 262/13
- vgl. BGH, Urteil vom 22.03.2011 – II ZR 229/09, BGHZ 189, 32 Rn. 24; Urteil vom 24.04.2006 – II ZR 30/05, BGHZ 167, 204 Rn. 26; Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 28 Rn. 28 [↩]
- BGH, Urteil vom 28.06.1982 – II ZR 69/81, BGHZ 84, 303, 311 [↩]
- Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 28 Rn. 34; Drygala in K. Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl., § 174 Rn. 7; MünchKomm-AktG/Bayer, 3. Aufl., § 58 Rn. 103 und § 60 Rn. 33 [↩]
- S. Schneider/Uwe H. Schneider, ZIP 2006, 493, 498; Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 28 Rn. 34; Uwe H. Schneider/Rosengarten in Assmann/Pötzsch/Uwe H. Schneider, WpÜG, 2. Aufl., § 59 Rn. 32; KK-AktG/Koppensteiner, 3. Aufl., § 20 Rn. 76; aA Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 7. Aufl., § 20 Rn. 53 ff. m.w.N. zur abweichenden h.M. [↩]
- KK-WpHG/Kremer/Oesterhaus, 2. Aufl., § 28 Rn. 67; MünchKomm-AktG/Bayer, 3. Aufl., § 20 Rn. 75; MünchKomm-AktG/Hennrichs/Pöschke, 3. Aufl., § 174 Rn. 28 [↩]
- Drygala in KK-AktG, 3. Aufl., § 60 Rn. 71 [↩]
- Hüffer, AktG, 10. Aufl., § 60 Rn. 6 [↩]
- vgl. etwa MünchKomm- AktG/Hennrichs/Pöschke, 3. Aufl., § 174 Rn. 25 [↩]




