Ein Desinfektionsmittel ist nicht "hautfreundlich"!
Die Werbung für ein Desinfektionsmittel mit der Angabe „Hautfreundlich“ ist unzulässig.
In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hat die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs gegen eine eine bundesweit tätige Drogeriemarktkette geklagt. Diese bot ein Desinfektionsmittel zum Verkauf an, bei dem es sich um ein Biozidprodukt im Sinne der Biozidverordnung handelt. Auf dem Etikett des Produkts befinden sich die Angaben: „Ökologisches Universal-Breitband Desinfektionsmittel“ sowie „Hautfreundlich – Bio – ohne Alkohol„. Die Wettbewerbszentrale hält die Angabe wegen eines Verstoßes gegen die Biozidverordnung für unlauter. Sie nimmt die Drogeriemarktkette auf Unterlassung und Ersatz vorgerichtlicher Abmahnkosten in Anspruch.
Das erstinstanzlich hiermit befasste Landgericht Karlsruhe hat der Klage stattgegeben1. Auf die Berufung der Drogeriemarktkette hat das Oberlandesgericht Karlsruhe das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und den Unterlassungsantrag hinsichtlich der Angabe „Hautfreundlich“ abgewiesen2. Mit ihrer vom Oberlandesgericht Karlsruhe zugelassenen Revision verfolgt die Wettbewerbszentrale den Unterlassungsantrag hinsichtlich der Werbeaussage „Hautfreundlich“ weiter.
Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren zunächst ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union ein Vorabentscheidungsersuchen zur Auslegung von Art. 72 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 (Biozidverordnung) zur Vorabentscheidung vorgelegt3. Nachdem der Unionsgerichtshof diese die Frage mit Urteil vom 20. Juni 2024 (EuGH, Urteil vom 20.06.2024 – C-296/23, GRUR 2024, 1226) beantwortet hat, hat der Bundesgerichtshof in Umsetzung dieser Vorabentscheidung das Berufungsurteil aufgehoben, soweit es zum Nachteil der Wettbewerbszentrale ausgefallen war und die stattgebende Entscheidung des Landgerichts wiederhergestellt:
Die Angabe „Hautfreundlich“ zur Bezeichnung eines Desinfektionsmittels fällt als „ähnlicher Hinweis“ unter das Verbot des Art. 72 Abs. 3 Satz 2 der Biozidverordnung. Der Wettbewerbszentrale steht daher unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1, § 3a UWG ein Unterlassungsanspruch gegen die Drogeriemarktkette zu. Die Angabe „Hautfreundlich“ hebt eine positive Eigenschaft des beworbenen Desinfektionsmittels hervor und ist dadurch geeignet, die Risiken des Biozidprodukts zu verharmlosen. Die Betonung der positiven Eigenschaft steht zudem im Widerspruch zu dem von der Biozidverordnung verfolgten Ziel, den Einsatz von Biozidprodukten zu minimieren.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 10. Oktober 2024 – I ZR 108/22
- LG Karlsruhe, Urteil vom 25.03.2021 – 14 O 61/20 KfH [↩]
- OLG Karlsruhe, Urteil vom 08.06.2022 – 6 U 95/21 [↩]
- BGH, Beschluss vom 20.03.2023 – I ZR 108/22, GRUR 2023, 831 [↩]